Über ein Jahr ist der Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine nun her und ein Ende dieses Krieges ist nicht in Sicht. Immer noch beherrscht er die Medien wie kein anderes Ereignis und mit dieser Aufmerksamkeit wird aktiv Politik gemacht: Deutschland soll auf Kriegskurs gebracht werden und die Bundesregierung treibt die Aufrüstung hin zur größten Militärmacht Europas voran.
Lange nicht jede:r lässt sich aber von der Kriegsbegeisterung anstecken. Und auch wenn massenhafte Protest bisher noch ausblieben, ist in diesem Jahr doch einiges passiert. Wir im Frühjahr letzten Jahres ein Papier zu den möglichen Aufgaben der antifaschistischen Bewegung in Bezug zu diesem Krieg geschrieben und möchten anhand der bisherigen Ereignisse noch einmal unterstreichen was wir damals sagten.
Verschiedene rechte Kräfte haben nach anfänglichem Zögern immer mehr den Krieg und die berechtigten Ängste vor einer weiteren Eskalation als ein neues Betätigungsfeld für sich erkannt. Gerade „Querdenken“ kann seit geraumer Zeit mit Verschwörungsmythen, Russland-Solidarität und fadenscheinigen Friedensappellen Mobilisierungserfolge erzielen und die „AfD“ wittert ihre Chance sich einerseits als einzige Opposition zum Kriegskurs in den Parlamenten zu präsentieren und gleichzeitig Proteste auf der Straße für sich zu vereinnahmen. So zum Beispiel rund um die Münchner „Sicherheitskonferenz“ zu der die „AfD“ erst eine eigene Kundgebung organisierte und sich anschließend an der mehrere Tausend Menschen große „Querdenken“-Mobilisierung beteiligte.
Die linke Bewegung tut sich weiterhin schwer darin progressive Proteste gegen Krieg und Aufrüstung über ihre Kreise hinaus in die Gesellschaft zu tragen und an einstige Erfolge der Anti-Kriegs-Bewegung anzuknüpfen.
Einzelnen Erfolgen aus dem bürgerlich-linken Lager rund um dem „Aufstand für den Frieden“ von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer schlägt sofort ein wütender Sturm von Springer-Presse und Konsorten entgegen. Schon im Vorhinein wird ihnen unterstellt eine Querfront mit der „AfD“ und anderen rechten Kräften anzustreben. Das Framing, jeden Widerstand gegen die Kriegshysterie in die rechte Ecke zu stellen, passt Medien und Politik gut in die Karten. Alles was die Ampelregierung macht ist „links“, der Widerstand dagegen folglich „rechts“. Eine Pauschalisierung, die von den Reaktionären dankend angenommen wurde. Die „AfD“ versuchte sich unter den Protest zu mischen und eine Querfront zu imitieren.
Wie weiter?
Noch haben es die Rechten bisher nicht geschafft als Friedenspioniere getarnt Massenproteste auf die Beine zu stellen oder erfolgreich bestehende Proteste gänzlich zu vereinnahmen – aber beides versuchen sie. Die Kräfte, die diese Strategie innerhalb der „AfD“ vorantreiben, werden immer stärker und damit wird jeder Protest, aus dem sie nicht heraus gedrängt werden, zu einer größeren Gefahr dafür, dass sie damit letztlich Erfolg haben.
Diese Möglichkeit sollten wir ihnen konsequent nehmen. Es gilt weiterhin dafür zu sorgen, dass sich Rechte nicht unter Anti-Kriegs-Proteste mischen können und deren eigenen Versuche nicht ohne Gegenwind bleiben.
Wie erfolgreich wir damit am Ende sind, hängt aber auch davon ab, ob es lautstarke progressive Antworten von Links gibt. Denn wenn die Rechten zur einzig wahrnehmbaren Kraft werden, die sich gegen den Krieg stellt, wird es für uns ein Kampf gegen Windmühlen.
In den nächsten Wochen hat die „AfD“ weitere Aktionen zum Thema Krieg angekündigt, unter anderem in Cottbus, Magdeburg, Niederbayern und Nürnberg. Zwei der in unserem Kommentar „Stellungnahme zum Ukraine-Krieg“ formulierten Aufgaben, sind damit wohl aktueller als damals:
- Verhindern, das die Rechten die Hegemonie über Anti-Kriegs-Proteste erlangen. Sei es dadurch, dass sie bisher noch nicht explizit reaktionäre Proteste unterwandern, oder eigene ins Leben rufen
- Linke Initiativen für eine Anti-Kriegs-Bewegung unterstützen
Viel zu tun also für eine antifaschistische Bewegung, die sich als fester Teil einer antikapitalistischen Linken versteht. Packen wir es an. Gemeinsam gegen Krieg, Aufrüstung und Faschismus!
Antifaschistische Aktion Süd, April 2023