Widerstand statt Identität

Nachbereitung zu den Aktionen gegen das „Herbstfest der Identitären Bewegung“ am 27. September

Für den 27. September hatte die Rottweiler Ortsgruppe der faschistischen „Identitären Bewegung“ ein „süddeutschlandweites Herbstfest“ im Kreis Rottweil angekündigt. Weil in einem Aufruf unterzeichnet vom Offenen Antifaschistischen Treffen VS, der Antifaschistischen Aktion [O] VS, dem DGB und der Partei „Die Linke“ Aktionen dagegen angekündigt wurden, sahen sich die „Identitären“ dazu gezwungen, eine Verlegung des Festes in den Kreis Freudenstadt anzukündigen.

100% Identitär – 100% Faschistisch! „Identitäre“ im Fokus

Seit Frühjahr diesen Jahres existiert in Rottweil eine Ortsgruppe der „Identitären“ – zumindest auf Facebook. Allgemein ist diese „Bewegung“ recht jung.In Frankreich hatte die „Generation Identitaire“ in den letzten Jahren einigen Erfolg unter anderem mit islamo- und homophoben Aktionen. Zu nennen wäre etwa die Kampagne um die „Manif pour tous“ (dt. „Demo für alle“) gegen die gleichgeschlechtliche Ehe, an der sie sich beteiligten.

Im Oktober 2012 veröffentlichten der „Bloc Identitaire“ per Video eine „Déclaration de guerre“ (dt. Kriegserklärung) und besetzten wenig später ein Moscheedach im französischen Poitiers. Selbst erklärtes Ziel war hierbei, anlässlich einer bei Poitier im Jahre 732 stattgefundenen Schlacht zwischen arabischen Reitern und fränkischen Truppen, auf die angeblich drohende „Islamisierung“ Frankreichs und Europas aufmerksam zu machen.

Mit diesem kulturell begründeten Rassismus, mit dem sie in der selbsternannten Mitte der Gesellschaft anknüpfen, suchen sie Anschluss an den aktuellen politischen Diskurs. Anders als biologistische Rassisten unterstellen sie gerade muslimischen MigrantInnen grundsätzlich eine Kultur, die im Gegensatz zu „abendländischen“ Werten und Traditionen steht. Diese Werte und Traditionen fassen sie unter dem Begriff der „Identität“ zusammen, die jetzige junge Generation sei die letzte, die diese noch bewahren könne.

Bei ihrem Auftreten bedienen sie sich etwa dem griechischen Buchstaben Lambda. Damit beziehen sie sich auf den Hollywoodfilm „300“, welcher von der Schlacht bei den Thermopylen handelt, bei der 300 spartanische Krieger gegen eine persische Übermacht gekämpft haben sollen. Nach außen versuchen sie sich dabei explizit von der braunen Ideologie zu distanzieren, etwa durch Slogans wie „100% Identitär – 0% Rassistisch“. Dass sie für diese äußerst anschlussfähig sind, zeigt etwa ein Beschluss der IB aus dem Jahr 2013, laut dem ehemalige Mitglieder anderer extrem rechter Organisationen keine Ortsgruppenleiter der „Identitären“ sein dürfen. Abgeschwächte Regelungen gelten für normale Mitglieder der IB-Gruppen.

Freilich ist es kein Zufall, dass aus ihrem ganzen Geplänkel nichts anderes folgt, als was die Faschisten schon lange fordern. Dahinter steckt derselbe völkische Nationalismus wie er auch von Kameradschaften und Naziparteien wie der NPD vertreten wird.

Das Konzept der „Identitären Bewegung“ ist für extremen Rechten deshalb so attraktiv, weil sie sich davon ein Wegkommen von dem altbacken und tumb angehauchten Image des Faschismus versprechen. In die gleiche Kerbe schlug schon das Konzept der „Autonomen Nationalisten“, mit dem sie versuchten das Auftreten und die Ästhetik der „autonomen Szene“ zusammen mit pseudo-revolutionärem Gebahren mit ihrer rückwärtsgewandten Ideologie zu verknüpfen.

Allgemein versuchen Teile der „Neuen Rechte“ seit Jahren immer wieder mit neuen Konzepten und modernerem Auftreten, von dem ihr anhaftenden Mief wegzukommen. Oder die „Konservativ Subversive Aktion“, die sich intellektuell gab und mit vermeintlich subversiven Kleinaktionen agierte.

Man darf die „Identitäre Bewegung“ als faschistische Organisation nicht unterschätzen. Sie verpacken ihre rückwärtsgewandte Ideologie geschickt als modern und antagonistisch zum Status quo. Trotz ihren vielfachen kleinen Aktionen und diversen Zeltlagern, die sie im Laufe diesen Jahres im ganzen deutschsprachigen Raum organisierten, gelingt es ihnen aber nicht, außerhalb des Internets eine größere Menschenmasse zu erreichen.

Sicherlich darf man die „Identitäre Bewegung“ also nicht als „das“ neue, erfolgversprechende Konzept der faschistischen Bewegung verstehen. Doch als ohnehin zum Scheitern verurteilt darf man es ebenso wenig begreifen. Sie gehören wie alle anderen Faschisten bekämpft!

 

Widerstand, nicht Hinterland: Die antifaschistische Arbeit

Das haben sich die Antifaschisten in der Region zu Herzen genommen. Nachdem die „Identitären“ das Fest öffentlich angekündigt hatten, bildete sich ein Bündnis aus dem Offenen Antifaschistischen Treffen VS, dem DGB-Kreisverband Rottweil und dem Kreisverband der Partei „Die Linke“. Dieses machte sich daran den Widerstand gegen die Faschisten zu organisieren. In einem gemeinsamen Flyer, rief es dazu auf, das Fest zu blockieren. Weiterhin wurde als Anlaufpunkt für Gegenaktionen für den 27. September ein Infostand in der Rottweiler Innenstadt organisiert.

Mit Blick auf die Mobilisierung lässt sich sagen, dass diese sicherlich früher hätte begonnen werden müssen und auch umfangreicher hätte sein müssen. Sicher wäre so die Zeit, die die „Identitären“ hatten um das Fest zu verlegen, verlängert worden und sie hätten es einfacher gehabt. Aber von unserer Seite wäre es sicherlich gelungen, noch mehr Menschen und ein breiteres Spektrum zu den Gegenaktionen zu mobilisieren.

Nichtsdestotrotz gingen am 27. September fast 30 Menschen auf die Straße. Da es leider nicht gelang, den genauen Ort des Festes herauszufinden, nutzten die Gelegenheit und brachten bei einem antifaschistischen Aktionstag in Rottweil eigene Inhalte auf die Straße. Mit dem Infotisch war man mehrere Stunden in der Rottweiler Innenstadt präsent. Des weiteren sorgten eine Kreidemal- und eine Transpiaktion für weiteres Aufsehen für unser Anliegen. Es wurde zum einen über die „Identitären“ und deren Fest aufgeklärt zum anderen wurde zu einer antifaschistischen Demonstration in Göppingen unter dem Motto „Wir bleiben dran! Antifaschismus ist legitim – Faschisten konsequent bekämpfen!“ zwei Wochen später mobilisiert. Zum Abschluss des Tages folgte noch eine Spontandemonstration.

Wir haben gezeigt: Es gibt für Faschisten keinen Grund anzunehmen, dass sie im vermeintlichen Hinterland ungestört bleiben können. Selbstverständlich haben sie auch hier mit organisiertem antifaschistischem Widerstand zu rechnen!

Die Antifaschistische Aktion aufbauen!

 

Weiterführende Links:

Bericht und Bilder zum Aktionstag in Rottweil am 27. September

Antifaschistische Zeitschrift „Der rechte Rand“: Verwiesen sei auf Ausgabe Nr. 143 mit Schwerpunkt „Die Identitäre Bewegung“