Bereits zum dritten Mal in Folge möchte die NPD am 21. und 22. November 2015 ihren Bundesparteitag in den Räumen der Stadthalle im baden-württembergischen Weinheim abhalten. Dazu werden Funktionäre der Nazipartei aus dem gesamten Bundesgebiet anreisen. Diese Partei befindet sich momentan auf Funktionärsebene in einem eher desolaten Zustand, denn die NPD ist vielerorts nur noch eine Randgestalt der faschistischen Szene. Viele der ehemaligen Kader befinden sich entweder in außerparteilichen Nazistrukturen oder bei neuen faschistischen oder rechtspopulistischen Parteiprojekten und somit fehlt es der NPD an Personal für ihren Alleinvertretungsanspruch im faschistischen Lager. Doch der europaweite Rechtsruck, der mittlerweile auch in Deutschland in vollem Gange ist, bietet der Nazipartei wieder mehr Anknüpfungspunkte in der Bevölkerung als in den Jahren zuvor. Wir leben gerade in einer Zeit, in der fast täglich Flüchtlingsunterkünfte brennen, Geflüchtete diskriminiert und körperlich angegriffen werden und rassistische Vorurteile an der Tagesordnung sind.
Das Ziel dieses Parteitages aus Sicht der Nazipartei wird es daher sein, die Partei so zu strukturieren, dass die rassistischen und reaktionären Ressentiments der Politik, den Medien und aus Teilen der Bevölkerung für die eigenen Interessen genutzt werden können. Das muss verhindert werden!
Die Gesellschaft bewegt sich nach rechts …
„HoGeSa“, „Pegida“ und auch die „Demo für Alle“ sind relativ neue rechte Sammelbecken, die befürchten, dass die angebliche „Islamisierung Europas“ bevorsteht oder das konservative Familienbild von fortschrittlicheren Geschlechterbildern zerstört wird. Mit ihren reaktionären Phrasen gelingt es ihnen immer wieder, in gesellschaftliche und politische Debatten einzugreifen. Gleichzeitig toben aggressive und gewaltbereite Nazimobs zusammen mit „ganz normalen Bürgern“ durch das sächsische Heidenau oder Freital – maßgeblich organisiert von der NPD. Ihre Zielscheibe sind Unterkünfte für geflüchtete Menschen, sie werden immer wieder zur Angriffsfläche von faschistischer Gewalt. Auch hier in Baden-Württemberg brannten bereits mehrere (geplante) Flüchtlingsunterkünfte in Remchingen im Enzkreis, in Weissach im Tal im Rems-Murr-Kreis, in Balingen, in Wertheim und in Rottenburg am Neckar und in anderen Orten. Dass hinter diesen Brandanschlägen rassistische Motive stehen, ist in den meisten Fällen klar.
Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen haben erschreckende Parallelen zu den Pogromen in Hoyerswerda 1991 und in Rostock-Lichtenhagen 1992. Durch diese rassistische Hetze und Stimmung in der BRD bekommen auch reaktionäre, rechtspopulistische Parteien, wie die „Alternative für Deutschland“ (AfD), Stimmenzuwachs und werden so in der Gesellschaft anschlussfähiger denn je.
… und die NPD will den Weg weisen …
Wie zu erwarten, möchte auch die NPD genau auf diesen fahrenden Zug aufspringen. Sie will das rechte Klima für ihre Interessen nutzen und damit neue Stimmen und Mitglieder für ihre Partei fangen. Die Nazipartei verfügt über eine finanzielle Absicherung, sie ist eine Plattform für faschistisches Gedankengut und verfügt über eigene infrastrukturelle Mittel. Insbesondere die finanziellen und „legalen“ Aspekte spielen eine große Rolle, denn sie können zum Beispiel Spenden annehmen, Wahlkampfkostenerstattungen beantragen und sie können als Partei (parlamentarische) Rechte für ihre Zwecke ausnutzen und missbrauchen.
Das ermöglicht es ihnen, auf verschiedenen Ebenen zu arbeiten. Als Partei haben sie – sofern sie gewählt werden – parlamentarische Einflüsse. Des Weiteren agieren sie mit rechten Veranstaltungen, Kampagnen oder vermeintlichen Bürgerinitiativen auf der Straße, bei denen sie gerade aktuell besonders gegen Flüchtlinge hetzen und teilweise auch faschistische Gewalt gegen diese anwenden. Beides öffnet ihnen die Türen, um ihr menschenverachtendes Gedankengut in die Köpfe der Bevölkerung zu tragen.
Damit ist die NPD heute wohl immer noch die stärkste faschistische Kraft in der gesamten Bundesrepublik. Sie bedient sich an den gleichen Argumentationsstrategien, wie die Nazis im deutschen Faschismus, in dessen Tradition sie steht: Die Ursachen für wirtschaftliche und soziale Missstände werden auf „Sündenböcke“, z.B. auf Flüchtlinge, Linke, Menschen verschiedener sexueller Orientierungen usw. projiziert und dabei betont man die vermeintlich eigene Überlegenheit des „deutschen Kulturraums“ sowie die eigenen chauvinistischen und nationalistischen Machtbestrebungen. Letztlich verschleiert das jedoch nur die wirklichen Auslöser der gesellschaftlichen Probleme, die auf das vorherrschende kapitalistische System zurückzuführen sind.
… mit Lügen, Hetze und Rassismus.
Es gibt in Deutschland Profiteure der globalen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse, die daran interessiert sind, Kriege zu führen, gefällige Regierungen zu installieren oder gar ganze Regionen zu destabilisieren. Das ist die Grundlage der Regierungspolitik der Bundesrepublik und somit auch von allen bürgerlichen Parteien. Das zeigt sich an den beständigen Asylrechtsverschärfungen, an weltweiten Kriegseinsätzen der Bundeswehr, an Waffenlieferungen und weiteren politischen Einmischungen. In neoliberaler Manier werden Menschen nur nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit betrachtet. Deshalb gibt es auf der einen Seite die militärische Abschottung der (europäischen) Außengrenzen und auf der anderen Seite kommt manchen Teilen der Wirtschaft ein zusätzliches – aber überschaubares – Arbeitsmarktangebot von NiedriglohnarbeiterInnen durch Flüchtlinge gerade recht. Der von den herrschenden Kreisen geheuchelten Verantwortung zur Aufnahme von Flüchtlingen stellen wir unsere grundsätzliche Solidarität mit den verfolgten und unterdrückten Menschen gegenüber.
Faschisten und Rechtspopulisten versuchen aus dieser Situation politisches Kapital zu schlagen, indem verbreitete Vorurteile über Flüchtlinge und diffuse Ängste aufgegriffen werden. Die Bevölkerung wird gegen die Geflüchteten rassistisch ausgespielt und die oftmals vorhandene allgemeine Unzufriedenheit mit den Lebensumständen wird kanalisiert und weg von den eigentlichen Ursachen – der kapitalistischen Produktionsweise – gelenkt. Die scheinbaren „Lösungsansätze“ der NPD würden daher nur zur einer Verschärfung von wirtschaftlichen und sozialen Unterdrückungsverhältnissen führen.
Es kommt dazu, dass die NPD immer auch am meisten gegen diejenigen hetzt, die die kapitalistischen Missstände offen ansprechen und die für eine wirkliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Alternative zum herrschenden Kapitalismus kämpfen.
Lasst uns aktiv werden! Wer, wenn nicht wir?
Unsere Aufgabe als AntifaschistInnen muss es sein, faschistischem Gedankengut gerade jetzt – ganz egal, ob in Parteiform oder konkreter Gewalt gegen Flüchtlinge – jegliche Entfaltungsmöglichkeit zu entziehen. Dies kann uns nur gelingen, wenn wir uns breit und spektrenübergreifend aufstellen und im Kampf gegen Nazis und das aktuelle rassistische Klima in der BRD an einem Strang ziehen. Für effektive und erfolgreiche antifaschistische Politik sind verbindliche Strukturen, die kontinuierlich arbeiten, unerlässlich. Denn als antifaschistische Bewegung können wir unseren Aufgaben und den gesellschaftlichen Anforderungen nur überregional organisiert gerecht werden. Schließlich müssen wir auch in der Gesellschaft verankert und greifbar sein und auch abseits des NPD-Bundesparteitags antifaschistische Politik betreiben.
Es muss uns aber klar sein, dass ein Staat, der eine faschistische Terrorzelle, wie den sogenannten NSU, jahrelang ungestört morden ließ und in der momentanen Situation nichts besseres zu tun hat, als die Asylgesetze weiterhin zu verschärfen, uns als AntifaschistInnen weiterhin mit unzähligen Strafverfahren überhäuft und somit unseren Widerstand kriminalisiert, kein Bündnispartner bei unserer antifaschistischer Arbeit sein darf.
Wir rufen deswegen dazu auf, sich an den Protesten gegen den faschistischen NPD-Bundesparteitag zu beteiligen. Dabei ist jede Form des antifaschistischen Widerstandes notwendig und legitim. Ob direkte Aktionen, Blockaden oder ziviler Ungehorsam – in einem solidarischen Zusammenspiel können sich diese Protestformen gegenseitig ergänzen und einen starken Widerstand gegen die Faschisten auf die Straße bringen und ihnen Schaden zufügen, denn auch in den nächsten Jahren will die NPD ihren Bundesparteitag in Weinheim veranstalten.
Das heißt für uns alle: Faschisten keine Plattform bieten!
Den NPD-Bundesparteitag in Weinheim verhindern!
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!
Infos zu den Protesten
Samstag, 21. November
Ab 8 Uhr: Blockaden rund um die Stadthalle
Ab 13 Uhr: Antifaschistische Demonstration in Weinheim am Bahnhof. Motto „Gegen den NPD-Parteitag vorgehen! Rassismus und völkischen Nationalismus entgegentreten“.
Aktuelle Informationen gibt es beim Blockadebündnis.
Aus Villingen-Schwenningen wird es eine gemeinsame Busanreise für die Aktionen in Weinheim am Samstag geben. Tickets hierfür gibt es immer zu den Öffnungszeiten im Linken Zentrum Mathilde Müller (Jahnstr. Ecke Karlstr., VS-Schwenningen). Also z.B. jeden Freitag ab 20 Uhr in der Freitagskneipe.
Alternativ könnt ihr auch eine Email an das Offene Antifaschistische Treffen VS schreiben: oat-vs[ät]t-online[punkt]de
Aus anderen Städten gibt es auch gemeinsame Anreisen – informiert euch bei den lokalen Antifagruppen!
Der Aufruf wurde herausgegeben von:
Antifaschistische Linke Bühl-Achern
Antifaschistische Aktion Lörrach
Antifaschistische Jugend Mannheim/Ludwigshafen
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Antifaschistische Aktion (Aufbau) Tübingen
Antifaschistische Aktion [O] Villingen-Schwenningen