…bevor es zu spät ist

Über die faschistischen und rassistischen Umtriebe im Schwarzwald-Baar-Kreis und antifaschistische Intervention

Zuletzt machte SBH-Gida mit der Bekanntgabe der eigenen Auflösung von sich reden. Grund war aber keineswegs, die eigene Schwäche. Zum zehnten Aufmarsch am 18. Oktober kamen etwa 150 Rechte, zumindest die Hälfte davon deutlich erkennbare Nazis. Grund für die Auflösung war wohl, dass der deutschlandweite Organisatorenkreis von Pegida Anstoß an der kaum noch kaschierten Nähe von SBH-Gida zu faschistischen Kräften nahm. So nahmen die beiden öffentlichen Führungspersonen von SBH-Gida, Sabrina Grellmann und Kay Vogler, am 20. Oktober gemeinsam mit etwa einem Dutzend Anhängern der Nazipartei „Der III. Weg“ an einer Infoveranstaltung der Stadt in Villingen teil und verteilten deren Flyer.

Mit der Auflösung gab SBH-Gida via Facebook auch bekannt, das „Orga-Team“ werde zukünftig bei „Nein zum Heim SBH“ weiter aktiv sein. Ende der Woche wurde dann zu einem ersten Aufmarsch am 7. November in Donaueschingen aufgerufen.

Faschisten

Dass SBH-Gida schon von Beginn an maßgeblich nicht von ganz gewöhnlichen Rassisten, sondern von organisierten Faschisten geprägt war, wurde von antifaschistischer Seite stets betont. Schon seit dem Frühjahr wurden einhergehend mit den regelmäßigen Aufmärschen in Villingen-Schwenningen die bestehenden faschistischen Organisationen immer aktiver. Etwa die Freien Kräfte Schwarzwald-Baar-Heuberg, die zuvor über Jahre hinweg nur mit kleineren nächtlichen Symbolaktionen auffielen, im Frühjahr diesen Jahres aber bereits ein Konzert mit der Naziband „a3stus“, drei größere halbklandestine Treffen und an Pfingsten gemeinsam mit anderen faschistischen Gruppierungen eine im Vorfeld nicht öffentlich bekannte Kundgebung durchführten.

Ebenso besorgniserregend sind die Aktivitäten der insgesamt recht jungen Nazipartei „Der III. Weg“. Die ersten Aktivität dieser in der Region war die Teilnahme an einer Aktion der Freien Kräfte an einem Soldatendenkmal am Bodensee im Mai. Desweiteren waren sie laut eigener Veröffentlichung auch an dem Aufmarsch am Pfingstsonntag beteiligt. Ebenfalls auf das Konto des „III. Wegs“ gehen Flyeraktionen rund um Flüchtlingsunterkünfte in der Region und zwei kleine spontane Aufmärsche vor der Flüchtlingsaufnahmestelle in der Villinger Weststadt.

Gute Beziehungen unterhalten offenbar der „III. Weg“ und die Freien Kräfte, wie Crosspostings und Anwesenheit von Faschisten des „III. Wegs“ auf Veranstaltungen der Freien Kräfte beweisen.

Offenbar versucht der „III. Weg“ in der Region gezielt Strukturen aufzubauen bzw. zu festigen.

Neues Label – gleicher Inhalt

Vor diesem Hintergrund betrachtet wird klar, dass die Auflösung von „SBH-Gida“ und der erklärte Übergang dessen „Orga-Teams“ zu „Nein zum Heim“ keineswegs gleichbedeutend mit einer Schwächung der rassistischen, insbesondere der faschistischen Kräfte in der Region, verstanden werden darf. Die Organisatoren bleiben die selben und gerade jetzt werden offen auftretende Faschisten, die regelmäßigen Aufmärsche noch viel eher für sich zu nutzen wissen.

Durch Distanzierung von Pegida werden sich wahrscheinlich ein paar bürgerliche Rassisten von den nun umgelabelten Versammlungen abwenden, da die Verflechtungen mit inzwischen leider weniger tabuisierten Nazis sozusagen von der eigenen Seite attestiert wurde. Doch eröffnet der neu gewählte Weg der Rechten auch die Möglichkeit, jene Rassisten anzusprechen, denen das Pegida-Konzept zu eingefahren oder zu abstrakt erscheint. Im Klartext: Jene, die lieber im Umfeld von Flüchtlingsheimen hetzen und eine progromartige Stimmung erzeugen als Sonntag um Sonntag in der Innenstadt zu stehen und weiträumig abgeschirmt durch Protest und Polizei rassistische Parolen zum Besten zu geben.

Die Stimmung schlägt um

Und jene gibt es zuhauf. Die Agenda der herrschenden Klasse war in den letzten Jahren geprägt durch Neoliberalismus, medial flankiert von einer Ellenbogenmentalität und Rassismus, wenn es darum ging, jemandem die Schuld an den negativen Folgen des kapitalistischen Systems für die große Mehrheit der Bevölkerung zu geben.

War der Frühsommer zumindest medial und in den Sonntagsreden der führenden Politiker tendenziell noch von einer geheuchelten „Willkommenskultur“ geprägt, ist spätestens seit diesem Herbst klar, dass die bürgerlichen Parteien – trotz einiger Widersprüche – die Hetze gegen Flüchtlinge inzwischen an vorderster Front mit anführen. Es genügt sich die Schlagzeilen der Tagespresse anzuschauen oder die Parolen, die von der CSU bis hin zu den Grünen ausgegeben werden, anzuhören. So bricht sich nun der Rassismus auch in Kreisen Bahn, die sich bisher noch nicht eindeutig so oder – zumindest oberflächlich – gar gegenteilig positioniert hatten.

Damit einher geht ein weiterer Abbau der Tabuisierung faschistischer Akteure und deren Ideologie.

Angetrieben von dieser bundesweiten Entwicklung aber auch von dem seit jeher rechten politischen Klima in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg birgt „Nein zum Heim“ durchaus ein erhebliches Gefahrenpotential. Wohin die Allianz zwischen Faschisten und „besorgten Bürgern“ führen kann zeigt die Situation in vielen Teilen Ostdeutschlands wo derlei Aufmärsche und Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte mittlerweile zur Tagesordnung gehören.

Sicherlich sind die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Vorzeichen in der badisch-schwäbischen Provinz andere als in Sachsen, wo Faschisten sich auf jahrelang bestehende Strukturen und ein besonders reaktionäres Klima stützen können. Doch anzunehmen, der Rechtsruck in Form von massiver offener Gewalt gegen MigrantInnen, Linke und andere, die nicht in reaktionäre Weltbilder passen, würde deshalb vor dieser Halt machen, kann sich als gefährlicher Trugschluss entpuppen.

Potential für eine gefährliche Dynamik, die so etwas bedingt, gibt es in der Region zwischen Schwarzwald und Bodensee zweifelsfrei. Das belegen nicht zuletzt mehr als 400 Unterstützungsunterschriften gegen die Flüchtlingsunterkunft in der Villinger Weststadt und für eine verschärfte Abschiebepraxis.

Was tun?

Dem Schulterschluss von Faschisten und gewöhnlichen Rassisten gilt es entgegenzutreten. Der Entstehung von gefährlichen Mehrheiten auf der Straße gilt es unsere ganze Kraft entgegenzusetzen. Wir müssen den Schulterschluss mit all jenen suchen, die sich dem ebenso entgegenstellen wollen. Rassistische Mobilisierungen erzeugen immer auch eine Gegenbewegung aus Teilen des bürgerlichen Lagers. Dabei ist die Vielfalt des Widerstands unser stärkstes Mittel.

Gerade im Südwesten Deutschlands sind regelmäßige rechte Aufmärsche, die das Potential zur Entstehung progromartiger Situationen in sich bergen, noch eher die Ausnahme. Deshalb gilt es diesen umso mehr entgegenzutreten. Denn sie dienen Rassisten und Faschisten immer auch als Experimentierfeld und Vorbild darüber hinaus stellen sie für Rechte eine Möglichkeit dar, sich regional und überregional zu vernetzen.

Darum: Am Samstag auf nach Donaueschingen!

07. November ab 13 Uhr an der Stadtkirche in Donaueschingen

Heute die Progrome von Morgen verhindern!